Einleitung
Innerhalb eines Blutgefäßes kann sich infolge von Störungen im Gerinnungssystem ein Propf (Blutgerinnsel oder Thrombus) bilden, der im schlimmsten Fall am Ort der Entstehung oder in entfernt gelegenen Gefäßabschnitten zum Verschluß führen kann; ein Ereignis für das der medizinische Begriff Thrombose bzw. Thromboembolie geprägt wurde. Prinzipiell können Thrombosen in allen Gefäßen auftreten, besonders häufig sind die Venen und die Arterien der Beine betroffen. Entsteht ein Thrombus in den Herzkranzgefäßen oder in den hirnversorgenden Arterien, resultiert nicht selten eine lebensbedrohliche Symptomatik, bekannt als Herzinfarkt bzw. Schlaganfall. Neben Veränderungen der Gefäßauskleidung, spielt die Funktionstüchtigkeit der Blutplättchen die entscheidende Rolle als auslösender Faktor einer Gerinnselbildung. Ihre Fähigkeit, sich miteinander (Aggregation) und mit der Gefäßinnenwand zu verkleben (Adhäsion), sind fundamentale Charaktereigenschaften der Blutplättchen und nützlich für die Reparatur einer Gefäßverletzung. Zahlreiche krankhafte Einflüsse aktivieren diese Fähigkeit der Blutplättchen und initiieren so die Gefahr einer Thrombusbildung. Arzneimittel, wie z.B. Acetylsalicylsäure (ASS), welche diese Aktivierung wieder vermindern bzw. aufheben sind daher Eckpfeiler zur Vorbeugung und Behandlung von Plättchen – bedingten Thrombosereaktionen.
Fragestellung
Empirische Literaturdaten und zahlreichen In-vitro-Studien lassen vermuten, dass Naturstoffe – sogenannte sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe – aus der Gruppe der Polyphenole diese Plättchenhemmwirkung auch haben. Resveratrol*, bekannt als „der Wirkstoff des Rotweins“, ist eine solche, potentielle Hemmsubstanz.
In einer Studie mit gesunden freiwilligen Probanden (15 gesunde Männer im Alter zwischen 20 und 30 Jahren) soll der mögliche Einfluss eines standardisierten Pflanzenextraktes (Nahrungsergänzungsmittel)* mit hohem Gehalt an Resveratrol* – in einer Präparation als Kapsel* – auf die Aktivität der Blutplättchen untersucht werde. Resveratrol ist ein Antioxidanz und als Nahrungsergänzungsmittel in Deutschland im Handel. In der Dosierung, welche die Probanden einnehmen, sind keine unerwünschten (Neben-) Wirkungen zu erwarten bzw. bekannt.
Studien-Design
Da Blutplättchen einen individuellen Grundaktivitätswert haben, ist es nötig, vor der Resveratrol-Testung individuelle Ausgangwerte zu bestimmen. Dazu wird an drei verschiedenen Tagen, jeweils zur gleichen Tageszeit, eine Blutprobe von insgesamt 7,5 ml gewonnen. Damit wird dann mit einer sehr empfindlichen speziellen Methodik (PADA) die Koagulationsfähigkeit der Thrombozyten (individuelle Ausgangswerte) der Probanden sowie der Einfluss von ASS (PADA RASS) auf diese bestimmt. (Kontrollphase) An einem vierten Untersuchungstag werde dann 3 Kapseln eines Resveratrol-haltigen Pflanzenextraktes a 500 mg (entspricht 125 mg trans-Resveratrol)* mit 200 ml Kräuterteee auf nüchternen Magen eingenommen und nach einer Stunde wieder eine Blutprobe von 7,5 ml gewonnen.(Testphase) Nach der Blutentnahme können die Probanden sofort wieder essen.
PADA-Test (Platelet Adhäsion Assay)
In der Arbeitsgruppe von Herrn Prof. Nowak wurde ein neuer Test zur Bestimmung der Plättchenadhäsivität entwickelt, dessen Vorteil darin besteht, dass als auslösender Stimulus genau der Scherstress erzeugt wird, der auch unter In-vivo-Verhältnissen auftritt. Im Gegensatz zu vielen anderen Ex-vivo Testen erfolgt die Auslösung der Aktivierung der Blutplättchen nicht mit unphysiologischen hohen Konzentrationen bekannter Agonisten, wie Arachidonsäure, Epinephrin und andere. Zum anderen wird der Test mit antikoaguliertem Vollblut durchgeführt. Er ist daher den In-vivo-Bedingungen viel ähnlicher. Außerdem wird der Effekt des im Test zugesetzten ASS am individuellen Ausgangswert des Patienten gemessen und nicht an einem Populationsmittelwert. In Anbetracht der Kenntnis, dass Blutplättchen einen stark variierenden Level von prokoagulatorischer Aktivität haben, ist der individuelle Messvorgang der Blutplättchenaktivität extrem wichtig!
Ergebnisse
Es konnte erstmalig gezeigt werden, dass die Aktivität von Blutplättchen im Organismus nach der Einnahme des Resveratrol-enthaltenden Nahrungsergänzungsmittels* deutlich vermindert wird. Weiterhin konnte nachgewiesen werden, dass Resveratrol* den gerinnungshemmenden Effekt von Aspirin® verstärkt.
Das zeigt, dass beide Stoffe in dieselbe Wirkungskette eingreifen und eröffnet die Möglichkeit, Resveratrol* zur Vorbeugung von Thrombosen bei Gerinnungskrankheiten, wie z.B. Herzinfarkten, in der gleichen Weise wie Aspirin® einzusetzen, das langfristig zu Magenschäden führen kann, die weitere Untersuchungen zur thrombozytenhemmenden Wirkung von Resveratrol anschließen will.
Zusammenfassung
Thrombosen bzw. Thomboembolien in Herkranzgefäßen und Hirnstammgefäßen führen zu schweren Krankheitsbildern wir Herzinfarkt und Schlaganfall (Apoplexie). Die Einnahme von ASS (Acetylsalycilsäure) ist eine bekannte präventive Therapiemassnahme allerdings nicht ohne Nebenwirkungen. Resveratrol (3,5,4′-trihydroxy-trans-stilbene) ein als Nahrungsergänzungsmittel erhältliches Phytoalexin aus Polygonum cuspidatum wurde in seiner Wirkung mit ASS auf die Thrombozytenaggregation verglichen. Die erhaltenen Ergebnisse stellen einen Einsatz von Resveratrol in Aussicht.
Studienleiterin: Priv.-Doz. Dr. med. Annegret Balogh,
Institut für Pharmakologie und Toxikologie, Universitätsklinikum Jena
E-Mail: annegret.balogh@med.uni-jena.de
*Verwendete Substanz: Resveratrol